Freitag, 29. August 2014

WAR 10

Ergänzungen zu WAR 1:

OSZE: Keine Beweise für den Einsatz regulärer russischer Truppen (14:14 Uhr)

Was der FOCUS meldet, wird auf SPON nicht einmal im Ansatz erwähnt (14:50 Uhr) - obwohl sich die Folgemeldungen des FOCUS Tickers ebenso auf dem SPON Ticker wiederfinden.
Wer es noch nicht bemerkt haben mag, mein wesentliches Anliegen ist nicht das Ausleben einer wie auch immer gearteten Russophilie.
Was viel mehr Sorgen macht als die Neuordnung der geopolitischen Blöcke, den Verlust der Russischen Föderation an den chinesisch dominierten Block, die fabulöse PR Kampagne für die NATO, das Verstummen der Kritik am transatlantischen Partner, der Rückschritt zu allem was zwischen Russland und Europa in einem schwierigen Prozess bisher an Annäherung erreicht wurde - ist die eklatante Loslösung von Berichterstattung, Meinungsbildung und daraus resultierendem politischen Handeln, von den Maßstäben der Vernunft als universeller Urteilsinstanz.

Es brauchte wahrlich nicht viel für diesen Rückfall in mittelalterliches Debattierverhalten. Behauptungen die so oft wiederholt werden, das sie noch Axiome bleiben nachdem sie schon widerlegt wurden.
Das Einpressen aller Debattenbeteiligten in Schwarz-Weiß Schemata, das Herabsetzen der Gegenmeinung, ja selbst schon der vorsichtigsten kritischen Nachfrage - ist in der Frage einer Konfrontation mit "dem Russen" alles wieder Usus.

Die Frage die sich stellt ist:
Soll das jetzt die Kultur sein vor der sich autoritäre Staaten fürchten müssen?
Möchten wir nun alle kommenden politischen Fragen mittels dieser verwendeten Instrumentarien diskutieren?

Zweifellos, relativ zu den Zerstörungen und Todesopfern in der Ostukraine, erscheinen diese Befürchtungen eher belanglos.
Aber während der dortige bewaffnete Konflikt irgendwann einmal enden wird, bezeichnen die augenscheinlich vonstatten gegangenen kulturellen Rückschritte zu befürchtenderweise den Beginn von etwas langfristig viel Fataleren.

Aber wie gesagt, über intellektuelles Totalversagen wollte ich ja ein andernmal schreiben.

Edit:
Glücklicherweise betrifft dieses Versagen nicht Jeden:
"Die derzeitigen Statements der Politiker beruhen auf etwas, was man in der Scholastik als Selbstreferentialität bezeichnet. Jeder bezieht sich mit seinen Beweisen auf den jeweils anderen. Daß die Luftbildaufnahmen ohne Aussagekraft sind, stört nicht, sie erhalten diese durch die jeweilige Behauptung. Vor Wochen übte Rußland an "Kiew's Grenzen" in Kasachstan. Die jetzigen Aufnahmen stammen z.T. zwar aus Rußland. Kuibyschew, ein, auf Fotos benannter Ort, liegt nämlich in Sibirien. Die NZZ von gestern postulierte denn auch: Schlüssige Beweise liegen nicht vor."

Eine der seltenen Perlen aus den Kommentarspalten der Republik


WAR 1

Mein erster Gedanke als die NATO endlich mal ihre Ukraine-Darstellungen mit Bildmaterial untermauerte, war eher unsachgemäß und bitter.
Er lautete sinngemäß in etwa: "Endlich".

Endlich bekommt mein Kulturkreis das Russland was dieser sich scheinbar so sehnlichst herbeigewünscht hat. Er bekommt vermutlich alsbald auch jene GRÜNEN die er seit Jahren so schon sehen will.
Die "self fulfilling prophecy" mag als Begriff abgenutzt sein, das was damit beschrieben wird ist jedoch durchaus real.
Aber natürlich ist "endlich" in objektiver Hinsicht nicht wirklich die beste Reaktion.

Es ist mglw. der Themenmüdigkeit geschuldet, das dem CyKo angesichts dieser vermeintlichen Beschleunigung dortiger Ereignisse, speziell eher Feinheiten ins Auge fallen.
Plötzlich, von einer Nacht auf die Andere, reden die Sturmgeschütze des Demokratiebellizismus von einem "Bürgerkrieg", anstelle von "Unruhen", und unter der gefühlten Überschrift "Seht, die Russen sind da!" werden einfach mal alle vorherigen Behauptungen, der russische Staat wäre aktiv schon seit immer an diesem Konflikt beteiligt unter den Teppich gekehrt.

Jene die sich bestätigt fühlen, werden solche Kleinigkeiten ohnehin gerne verzeihen. Da spielt es dann auch keine Rolle das in den vergangenen Monaten 9 von 10 Meldungen klammheimlich wieder kassiert wurden, meistens ohne Hinweis darauf, das Konjunktivartikel mit Indikativüberschriften versehen, und Quellen selektiv ausgewertet wurden.

Erinnert sich noch wer an Wladimir Ruban? Über dessen Interview in der Ukrainskaja Prawda ist bis heute nichts in "seriöseren" Medien zu finden.
Keine Schmähung, keine Stellungnahmen, keine Kommentare.
Die kontroversen Äußerungen des ukrainischen Generaloberst waren scheinbar der Erwähnung nicht wert. Wichtiger erschienen da schon Twittermeldungen von Condoleezza Rice.
Das hat übrigens auch Aussagekraft über "unsere" innere Haltung zur Ukraine, die offenkundig eng mit jener Haltung verwandt ist, die wir auch der Russischen Föderation entgegen bringen.
Aber über das intellektuelle Totalversagen, den Verrat an der eigentlich aufgeklärten europäischen Kultur, wollte ich ein andernmal schreiben.

"Wie kommt wer da wieder gesichtswahrend heraus?" fragt R.Zion anderswo, und vermutlich ist das schon lange die relevante Frage - für die für diesen leicht daneben gegangenen Regime Change verantwortlichen Stellen.
Auch wenn gerne der Eindruck erweckt wird der russische Bär zöge Westeuropa am Nasenring durch die Manege - Punktsieger für eine Nacht sind dieses Mal die Oberhäupter der westeuropäischen Staaten.

Diese haben, garniert mit hohlen Forderungen nach friedlichen Lösungen, die Forderung nach einem dafür notwendigen Interessensausgleichprozess großräumig umfahren und können sich nun freuen.
Das Kalkül konnte eigentlich nur sein, abzuwarten das die ukrainische oder russische Armee das Problem für die hiesige Wertegemeinschaft lösen.
Entweder indem die eine Partei die Föderalisten in die Niederlage bombt, oder indem die andere Partei eben diese Niederlage durch Intervention verhindert (und so eine neue Situation schafft).
Ein dauerhafter Fortbestand der vorherigen Situation hätte irgendwann erfordert, diese Situation ehrlicher anzuerkennen und zu bezeichnen, und im Rahmen eines Interessensausgleich auf eigene Interessen zu verzichten.
Das erklärt dann vielleicht auch die großzügige Haltung Westeuropas gegenüber der Vorgehensweise der ukrainischen Armee.
Augen zu und durch!

Nun, Glück gehabt Gentlemen, da sind sie durch.
Der Rest wird nun für Andere unangenehmer.
Überwiegend Jene die nichts dafür können.

Dienstag, 26. August 2014

Gefunden 100

Why the ukraine crisis is the wests fault

In diesem Essay publiziert vom Council on Foreign Relations, skizziert John J. Mearsheimer ein gänzlich anderes Bild vom Ukraine Konflikt, als es unsereiner lieb sein kann.

According to the prevailing wisdom in the West, the Ukraine crisis can be blamed almost entirely on Russian aggression. Russian President Vladimir Putin, the argument goes, annexed Crimea out of a long-standing desire to resuscitate the Soviet empire, and he may eventually go after the rest of Ukraine, as well as other countries in eastern Europe. In this view, the ouster of Ukrainian President Viktor Yanukovych in February 2014 merely provided a pretext for Putin’s decision to order Russian forces to seize part of Ukraine.

But this account is wrong: the United States and its European allies share most of the responsibility for the crisis. 
(Auszug)

Realitäten 110

Der ukrainische Generaloberst Wladimir Ruban gibt in der Ukrainskaja Prawda ein aufschlußreiches Interview zur Lage in der Ostukraine, und SPIEGEL Online berichtet lieber von Tweets us-amerikanischer Sicherheitsberaterinnen.

Eine fixe Google-Suche ergibt: In den etablierten Presseprodukten, SPON, Süddeutsche, FAZ, DerWesten etc. pp., findet sich - Stand Heute - keinerlei Information zu diesem Interview.

Wer sich vorher noch nicht gewundert hat, darf nun damit anfangen.

Aber mal von vorn:
Wer ist Wladimir Ruban?
Wladimir Ruban ist Kiews Beauftragter für Gefangenenaustausch im ukrainischen Bürgerkrieg. Er ist Generaloberst, doch ob er aktiv einen Rang in der ukrainischen Armee bekleidet ist für mich nicht zweifelsfrei feststellbar.
Zu vermuten ist dies allerdings, sonst wäre seine Arbeit kaum möglich.
Beteiligt war er u.a. an der Freilassung der OSZE beobachter vor einigen Monaten.

Was ist Ukrainskaja Prawda?
Ukrainskaja Prawda ist eine Onlinezeitung die als Reaktion auf die repressiven Zustände unter Leonid Kutschma im Jahr 2000 entstand. Sie war wesentlich an der "Orangenen Revolution" beteiligt und würde im aktuell modernen Lagerdenken wohl als "prowestlich" bezeichnet.

Welche Relevanz hat das Interview?
Zum Einen die Identität des Interviewten. Man sollte meinen das zu einem internationalen Konflikt zu dem jedes unbelegte Geheimdienstgemunkel als Neuigkeit durch die Medien geistert, Informationen eines Pragmatikers vor ort einen gewissen Wert haben dürften.
Zum Anderen der Informationsgehalt des Interviews. Wladimir Ruban widerspricht in einigen Punkten Darstellungen welche dem Mainstream im Westen als gesichert erscheinen.

Die überraschensten Aussagen (Übersetzungsfehler/Fehldeutungen können dabei nicht ausgeschlossen werden):
Für Ruban sind die ostukrainischen Militanten keine Feinde.
Mit einigen hat er zusammen auf dem Euromaidan protestiert:
Für mich sind diese Menschen dort keine Feinde. Ihnen fällt das leicht, sie aus Ihrer Position als Feinde zu betrachten. Aber ich kenne diese Leute seit langem. Unter ihnen sind Offiziere, Afghanistan-Veteranen, mit denen wir gemeinsam gegen Janukowitsch protestiert haben. Dort gibt es Leute, mit denen wir auf dem Maidan gestanden haben. Auf dem Euromaidan. Aber wir haben ihn nicht so genannt. 

Für Ruban ist der Konflikt in der Ostukraine die Fortsetzung der Demonstrationen auf dem Maidan - die Ostukrainer versuchen mehr Ziele des Maidan militant zu erreichen:
Und die Leute im Donbass haben entschieden, bis zum Schluß zu kämpfen. Ihnen hat es nicht gereicht, daß Janukowitsch weg war, sie wollen reale Veränderungen im Land. Die meisten Punkte, die sie fordern, sind dieselben, die auch auf dem Maidan vorgetragen wurden.

Ruban streitet eine Beteiligung Russlands ab:
Was hat Rußland damit zu tun? 

Haben Sie dort russische Truppen gesehen?  

Haben Sie die Beteiligung russischer Truppen gesehen? 

Sie werden sie auch inoffiziell nicht sehen, weil es dort keine gibt. Und sogar, wenn Sie irgendeinen Russen oder irgendeinen Soldaten gesehen haben, ist das noch keine Beteiligung Rußlands.  

Wir arbeiten direkt an der Front und bedienen uns unserer Erfahrung und unseres Wissens. Wir sind gewöhnt, die Dinge beim Namen zu nennen. Wenn dort russische Waffen geliefert werden, ist es das eine. Putin kann da vieles verbieten, das ist eine andere Frage. Wenn da russische Offiziere sind, ist es eine dritte. Das ist keine offizielle Beteiligung Rußlands als Kriegspartei. 

Ruban vermutet eine "dritte Seite" die den Konflikt künstlich am Leben erhält:
Ich weiß es noch nicht, ich habe keine entsprechenden Informationen. Wir nennen das, als Arbeitstitel, »dritte Seite«. Besler von den Aufständischen nennt sie so, und die Leute in Donezk sagen es auch. Nach diesen Leuten wird gefahndet, um herauszubekommen, wer diese Saboteure geschickt hat. 

Für Ruban sind die russischsprachigen Ukrainer Ukrainer
Was heißt hier Minderheit? Wie viele Menschen soll man denn umbringen, damit der Donbass als ukrainisch durchgeht? Hundert- oder zweihunderttausend? 

Zweifellos kontroverse Ansichten
die dort ein Repräsentant der ukrainischen Regierung vertritt. Die Frage ist aber nun folgende:
Das Interview erschien in der Ukrainskaja Prawda am 20 August.
Die Übersetzung in der "Junge Welt" erschien am 22 August.
Jetzt bin ich der Letzte der sich gerne auf die JW bezieht - für mich war die JW immer ein stückweit "Rote Fahne" ohne Amüsierungsfaktor.
Aber ich stehe gerade vor dem Problem das - Stand Jetzt - kein Hinweis auf dieses Interview in vermeintlich seriöseren deutschen Quellen zu finden ist.

Neben der Jungen Welt berichten einige obskurere Nachrichtenportale, diverse prorussische Propagandaseiten, aber auch Medien in Finnland, Tschechien und Vietnam - das ergab eine flotte Googleauswertung.

Aber weder SPON, noch FAZ, BILD... einfach alle, berichten auch nur andeutungsweise von diesem Interview.
Das fällt auf.

Ein regelrecht lautes Schweigen

Bisher wurde alles zum Ukrainekonflikt aufgegriffen, egal wie haltlos, unbegründet, abgefahren oder spinnert es auch war - nicht einmal der Luftwaffenoffizier der an MH17 Einschusslöcher gesehen haben will blieb unbeachtet.

Aber der ukrainische Beauftragte für Gefangenenaustausch, eine offizielle Position der aus nächster Nähe die Lage beurteilen kann, interviewt von einer "prowestlichen" ukrainischen Onlinezeitung, ist keine Erwähnung wert?

Nicht einmal eine Diskreditierung, ein Widerspruch, ein Dementi, einfach rein gar nichts?
Wieder einmal beschleicht mich das komische Gefühl, das der Ukrainekonflikt über uns mehr aussagt, als über Ukrainer.

Es ist zweifellos der aktuell bedeutenste internationale Konflikt auf dem Globus, zumindest hinsichtlich seiner Bedeutung für die Geopolitik der nächsten Jahrzehnte.



 



Freitag, 22. August 2014

Realitäten 101

Etwas leiser gerufene Neuigkeiten zu dem wichtigsten internationalen Konflikt unserer Zeit:

Sehr verschwiegene MH17 Ermittler
Soviel Zurückhaltung hätte man sich von USA, diversen Weststaaten und hiesigen Gazetten gewünscht, als diese das Leid der Opfer noch zur Dämonisierung Russlands instrumentalisierten.
"Moralische Mitschuld..."

Russischer Konvoi war eigentlich von Kiew genehmigt
Bevor dies im nahezu täglichen Krakeelen über vermeintliche russische Invasionen der Ukraine wieder untergeht... der Konvoi war ursprünglich genehmigt, Kiew hatte dies aber mit Verweis auf Gefechte um Luhansk wieder zurück gezogen.

Russischer Konvoi erreicht Luhansk
Illegalerweise hat der russische Hilfskonvoi Luhansk nun erreicht und liefert seine Hilfsgüter an die dortigen Menschen.
Der noch vor einer Woche angekündigte ukrainische Hilfskonvoi ist nirgendwo zu sehen - weder legal noch illegal.
Kiew wird die unliebsame Bevölkerung aufgrund der verbesserten Versorgungslage wohl nun mit dem Artilleriebeschuss in Wohngebiete reduzieren müssen.

Tom Königs von den GRÜNEN ist aufgefallen
das der Einsatz schwerer Artillerie in Wohngebieten unverhältnismäßig ist.
Ob diese Äußerung von der Böll-Stiftung toleriert wird?

Ach ja,
Moralische Mitschuld
Diese will die Bundesregierung auf sich nehmen wenn in Zukunft mithilfe gelieferter deutscher Waffen Zivilfahrzeuge abgeschossen werden. Jedenfalls, wenn man MH17 zum Maßstab nimmt.

Wer hat eigentlich den Nahen Osten so wirkungsvoll destabilisiert?
Vladimir Putin?

Tolle Zeiten in denen wir leben.

Freitag, 15. August 2014

Gefunden 11

Anyway, back to business... Leonard Cohen tells me he would no longer bother to write a song about Isaac, because people wouldn't know what he was on about. That doesn't only diminish the vocabulary of songs, it has wider implications. If the reference points for our whole belief system are forgotten, we find it that much harder to understand a shared belief system, or even to disagree coherently with a shared belief system. We end up in a vicious circle of incoherent, half-baked individual utlitarianism where nobody has any belief system at all and we lose the ability to communicate with each other. I think that's one reason why football is so popular again - it's a game which the citizen can focus on, where the rules are defined. Unlike his life. The citizen is becoming a pawn in a game where nobody knows the rules, where everybody consequently doubts that there are rules at all, and where the vocabulary has been diminished to such an extent that nobody is even sure what the game is all about. Hence the concomitant rise of fads like astrology, spiritualism, and generic "I want to believe"-ism. I'm a humanist. I believe people should be able to sort themselves out, as does the Judeo-Christian tradition, obviously, but for rather different reasons. Even for Western-European humanists, it's helpful to know about Isaac and Abraham for any discussion of belief/hope/obligation, especially if we wish to join a discussion which has been developed over two thousand years. It's a bit tedious to have to start the discussion from scratch every time by mulling over yesterday's soap-opera with the few people who actually watched it.

Certain extraneous developments have helped in ways one might not expect. Let's get back to hypertext for a moment. Remember that the Web is basically "text for people who can't read" (Trenchant Remark, © A. Eldritch), but it's merely hypertext coupled with the physical hypertext of the Net's hardware. Now that hypertext is widely familiar, it's easier to explain how allusion works to people who would otherwise be completely flummoxed by the very concept. That's why I just tried to.

It's nevertheless hard to talk to Thatcher's Children. Apart from anything else, they have no concept of right and wrong beyond an apathetic and half-baked utilitarianism. I was recently asked if we are "relevant to them". Probably not. Proust is probably not "relevant to them". He's clever and funny and useful, but they haven't got the faintest idea what he's on about. I've been described (by myself, of course) as "Kierkegaard meets Elvis". They may have heard of Elvis, but he didn't wear adidas, and they probably think that Kierkegaard is about as much use as a dead Danish philosopher. Which he is. Is he relevant to them? I think so. Would they agree? I doubt it.

The problem is, the things that decide their lives are not "relevant to them". The nuances of emotional politics are not "relevant to them". They have lost touch with the fabric of their lives and they don't even know how to have a good time without falling victim to the corporate fashion fascists and the evil social engineers of Thatcherite Britain.


A.Eldritch, Virgin.Net Interview

Freitag, 1. August 2014

Realitäten 100

Selbsthass ist etwas was einem schon die Lebensqualität vergrätzen kann. Man fühlt sich absolut unwohl in seiner Haut, ist mit dem eigenen Handeln (oder Handlungsoptionen) massiv unzufrieden und wünscht sich in die Identität eines anderen.

Der Konflikt der NATO mit der Russischen Föderation im generellen, und der Ukrainekonflikt im speziellen, lässt in mir zumindest einen partiellen Selbsthass aufkommen, betreffend dem Teil meiner Identität der sich als Gesellschaftsbestandteil sieht.

Wir haben ja immer geglaubt in einem insgesamt brauchbaren System zu leben welches sich, zumindest mit einigen Mühen, nach und nach optimieren ließe.
Optimieren ist dabei schon eine gnadenlose Schönfärbung - unsere Probleme sind ja keine Petitessen - Eigentumsfrage, Apathie, Konsumismus und das Wechselspiel des Individuums mit dem digitalen Raum, dazu noch die grassierende Borniertheit und Ignoranz einer nicht unerheblichen Anzahl von Mitmenschen.
Aber doch, gefühlsmäßig, dachte man ja schon das da was gehen könnte. Wenn schon nicht vorwärts so wenigstens nicht unrettbar rückwärts.

Doch an diesem vermutlichen Wendepunkt der Geschichte zeigen sich Symptome, die man in ihrer Heftigkeit so gar nicht erwartet hätte.
Man ist ja schon geradezu dankbar für das Desinteresse der Bevölkerungsmehrheit, wenn man das Verhalten der interessierten Bevölkerungsminderheit einer genaueren Betrachtung unterzieht.

Die Mainstreammeinung der bürgerlichen Mittelschicht, vor allem präsentiert auch durch Leitmedien oder politische Repräsentanten (auch und vor allem meiner Partei, Bündnis 90/Die Grünen, als mglw. Mittelschichtspartei), lässt den Eindruck intellektuellen Totalversagens entstehen.
Es ist nicht einmal der Inhalt sondern vor allem die Art der Debatte, die Einen sich wünschen lässt, irgendwer anders, irgendwo anders zu sein.

Das völlige Verkennen von Ursache und Wirkung, das Vorverurteilen, die fehlende Selbstreflektion, die Arroganz, das Herabsetzen der anderen Kultur, die Dämonisierung, die Schwarz-Weiß Malerei, das selektive Verarbeiten von Informationen und vor allem der Umgang mit Kritikern im eigenen Land.

Man ist hier ein "Putin Versteher" wenn man es wagt gewisse Zweifel an manchen eklatant offensichtlich einseitigen medialen Darstellungen zu äußern, es gibt Menschen die in einer vermeintlichen Besorgnis über die psychologischen Ursachen einer nicht antirussischen Haltung sinnieren.
Genauso gut kann man auch gleich behaupten das man den Vertreter der anderen Meinung für geistig behindert hält. Im sozialen Miteinander findet sich wieder, was man den Russen als Staat unterstellt, Unterdrückung, unfaire Form der Auseinandersetzung, ein intellektuelles Niederbrüllen.
Vermutlich käme ich in einem autoritären Staat bei einer solchen Abweichung in den Knast, so wird einem zumeist entgegen gehalten.
Soll ich jetzt schon dankbar dafür sein, das man mich wenigstens nicht ins Gefängnis wirft?

Weswegen wird man auf SPON weg editiert wenn man nachfragt, ob die Behinderungen der Ermittlungen zu den Todesschüssen auf dem Maidan weiterhin von der aktuellen ukrainischen Regierung fortgesetzt werden?
Dürfen manche Dinge eben nur MONITOR oder Extra3 ansprechen?
Was ist mit dem Brandanschlag in Odessa?
Was sind die Ziele der ostukrainischen Föderalisten? Weswegen verwenden wir in diesem Land Kampfbegriffe zur vermeintlichen Erörterung von Sachverhalten?
Weswegen wird Russische Föderation ausnahmslos für alles verantwortlich gemacht, weswegen wird die verfehlte Politik des Westens nicht thematisiert, warum beginnt man einen Handelskrieg ohne erkennbare Zielsetzung?

Wie kann man überhaupt getrost den Wortbruch des Westens und die NATO Osterweiterung rechtfertigen mit dem Verweis auf die russische Reaktion auf - die NATO Osterweiterung?

Es gibt immerhin noch Wenige die es wagen sich gegen den Mainstream öffentlich zu äußern. Politiker gehören eher seltener dazu, Bündnisgrüne schon gar nicht.
Jakob Augstein schon länger, nun auch Julian Nida-Rümelin.

Dieser erklärt in seinem Artikel, weswegen die Begrifflichkeit Neo-Imperialismus in Bezug auf Russland eine gehörige Wahrnehmungsstörung ist, und beschreibt dabei so ganz nebenher die absurden Züge welche die gegenwärtige Debatte trägt.
Ob seine Kompetenz in Politiktheorie und Philosophie aber ausreicht um weltpolitisch-halbwissende Bildungsbürger aus Hintertupfingen oder Honorarjournalisten von BRILLE oder WUTZ zu einer Reflektion ihrer Geiferei zu bringen, darf getrost bezweifelt werden.

Früher konnte man ja noch sagen, man befände sich in einem verkommenen und heuchlerischen System, aber heute muss man zudem noch feststellen, von irrationalen Heuchlern umgeben zu sein, und prinzipiell eigentlich zu Ihnen zu gehören.

Das gilt für mich als Bundesdeutschen in gewisser Hinsicht wie für mich als Bündnisgrünen. Weswegen eine ehemalige Friedenspartei ihre außenpolitischen Stellungnahmen nahezu ausnahmslos kaltkriegerischen Scharfmachern wie Rebecca Harms oder Omid Nouripour überlässt, erschliesst sich mir nicht.
Weswegen in einer vermeintlich basisdemokratischen Partei die Haltung in einem solchen bedeutenden Konflikt eher nicht debattiert, sondern dem parteirechten ThinkTank Böll-Stifung, inklusive Marie-Luise Beck und Ralf Fücks, überlassen wird ebenso nicht.

Aber vielleicht lässt sich von den GRÜNEN im wesentlichen auf die ganze krakeelende Masse schließen, jene die NATO und CIA Fotos noch für unverrückbare Beweise halten.
Vielleicht ist es einmal mehr ganz einfach.
Die GRÜNEN hatten schon immer Schwierigkeiten damit zu erkennen, das es auch andere Sichtweisen zu Fakten geben kann.
Erst in Göttingen 2007 musste ihnen jemand erklären, das die vermeintlich nur freundlich aufklärenden Tornado-Jagdbomber der Bundeswehr von den Afghanen als "Spione" betrachtet wurden, jene Flugzeuge also denen die Bomben folgen.
Mit der Nase darauf gestoßen fiel es den Grünlingen aber dann doch relativ leicht zu verstehen, das es möglicherweise doch einfach ein anderer Kulturkreis ist, dessen Entrechtung von Frauen nicht unbedingt aus Bosheit resultiert, die man wegbomben kann.

Das fiel leicht weil die Afghanen anders aussehen. Genauso wie die Chinesen. Oder die Araber. Alles Kulturkreise die in Relation zum Russenbashing, bei den Bündnisgrünen noch gut wegkommen.
Ach ja. Schreit doch rum, oder gesteht es euch ein.
Die Russen sehen aber aus wie wir.

Es erscheint undenkbar das dieser Kulturkreis aus denselben Fakten andere Schlüsse zieht. Das geht nicht in unsere Schädel. Die Russen müssen verrückt sein. Oder indoktriniert, durch das russische Staatsfernsehen.
Zwar bevölkern Russen haufenweise das Internet, spielen WoW, crunchen BOINC, oder produzieren haufenweise Computerviren, aber nein, andere Medien lesen die nicht. TOR Tunnel kennen die nicht. Die können auch kein Englisch.
Natürlich nicht.
Die steigenden Umfragewerte für Putin in Russland mit eben unseren antirussischen Anfeindungen, unserer konkreten eskalatorischen Politik, in Zusammenhang zu bringen, das erscheint undenkbar.
Auch die Russen sind geistig behindert, so scheint die Ansicht zu sein.
Wie die hiesigen "Putinversteher".

In meiner Firma arbeiten zwei Kasachen, eine Russin und eine West(!)ukrainerin.
Sie sind alle, ausnahmslos, entsetzt über die hiesige Berichterstattung, über die Anfeindungen, die unkluge westliche Politik und tendieren daher allesamt, als Reaktion, zur Solidarität mit der Russischen Föderation und Vladimir Putin.

Vielleicht sollte die hiesige selbsterklärte gebildete Schicht ab und zu auch mal mit ihren Putzfrauen reden.